LEHRFORSCHUNGSPROJEKT, WS 2018/2019
Prof. Dr. Philipp Misselwitz,  Ayham Dalal

Tempohomes

Seit 2014 hat die sogenannte “Flüchtlingskrise” in Deutschland zu einer Vielfalt von praktischen Lernversuchen von Stadtverwaltungen und der Zivilgesellschaft geführt, um die Handlungs- und Verwaltungskrise auf kommunaler und nationaler Ebene zu überwinden. Anstatt Geflüchtete als gesellschaftliches Randthema möglichst unsichtbar zu halten, wurden Kommunen zunehmend gezwungen, Planung von Unterkünften als strategisches Kernthema zu behandeln. Hohe Erwartungen richteten sich vor allem an Architekt/-innen günstig und schnell zu errichtenden Wohnraum zu planen. Zur Vielfalt neuer Handlungsansätze und Praxisversuche gehören in Berlin die sogenannten „Tempohomes“. Zwischen 2015-2017 wurden insgesamt 18 Standorte für nahezu baugleiche Tempohomes als temporäre Unterkünfte für Geflüchtete errichtet. Hierbei wurde versucht, aus den Problemen der früheren Containerdörfer zu lernen und z.B. dezentrale Küchen und Eingangslauben, Gemeinschaftsräume, sowie Freizeit- und Sportanlagen einzubeziehen. Doch daTempohomes nur als Kurzzeitlösungen für i.d. Regel dreijährige Laufzeiten konzipiert wurden, beginnt schon 2019 der Abbau erster Anlagen. Das zuständige Berliner „Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten“ (LAF) beauftragte die Habitat Unit mit einer umfassenden Untersuchung der Tempohomes.

Wie wurden die Standorte von Geflüchteten angenommen und welche Aneignungspraktiken lassen sich beobachten? Welche sozialräumlichen und städtebaulichen Faktoren beeinflussten die teils sehr unterschiedlichen Entwicklungen? Welche Kooperationen und/ oder Konflikte entstanden innerhalb und im Umfeld der Tempohomes? Welche Rückschlüsse für zukünftige Planungen lassen sich ziehen? Wie lassen sich Standorte, Infrastrukturen und Container nach der Abbauphase nachnutzen? Ziel der Analyse ist die Formulierung von konkreten Ideen und Handlungsempfehlungen für Berlin und andere europäische Städte. Das Lehrforschungsprojekt wird nur in Kombination mit einer wissenschaftlichen Vertiefung im Rahmen des DFG-geförderten Forschungsprojekt „Architekturen des Asyls: Aneignungsprozesse in Flüchtlingsunterkünften” (SFB 1265 “Refiguration von Räumen”) angeboten.